Biodiversität
Ein wissenschaftliches Konstrukt auf politischem Prüfstand
DOI:
https://doi.org/10.24352/UB.OVGU-2018-312Keywords:
Biodiversität, Biodiversitätspolitik, Diversitätstheorien, Methodenwahl, QualitätAbstract
Das Konzept der biologischen Vielfalt, kurz Biodiversität, hat eine beeindruckende Entwicklung hinter sich. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts diente es der Ökologie zur deskriptiven Charakterisierung von Lebensgemeinschaften, heute ist es eines der wichtigsten gesellschaftlichen Schutzziele weltweit. Über die Notwendigkeit einer Biodiversitätspolitik scheinen sich mittlerweile selbst die zerstrittensten Wissenschaften einig zu sein. Große Uneinigkeit herrscht dagegen in genau den Fragen, die zur Umsetzung einer solchen Politik in jedem Fall beantwortet werden müssen. Insbesondere was Biodiversität (nicht) ist, wie sich in unserer Umwelt darstellt und welches die Träger von Biodiversität sind, ist ebenso wenig klar, wie methodische Fragen zur Messung und Bewertung dieser Zielgröße. Die vorliegende Arbeit skizziert zunächst die außerordentlich großen Freiräume in der Ausgestaltung des Konzeptes Biodiversität. Etliche explizit formulierte Annahmen sorgen dafür, dass dieser Freiraum sukzessive eingeschränkt wird, bis schließlich nur noch eine Menge qualitativ sehr ähnlicher Konzepte übrig bleibt. In einer möglichst einfachen ceteris paribus Umgebung wird anschließend exemplarisch untersucht, wie sensibel eine theoretisch optimale Politik auf qualitative Veränderungen von Biodiversitätsdefinition bzw. -maß reagiert. Es zeigt sich, dass selbst die Menge ähnlicher Biodiversitätsmaße unter sonst gleichen Bedingungen zu fast gegensätzlichen, optimalen Politiken führen können.
Vor diesem Hintergrund wird schließlich hinterfragt, inwieweit das wissenschaftliche Konstrukt "Biodiversität" überhaupt als Grundlage normativer Kollektiventscheidungen geeignet ist und welches sowohl hilfreiche, als auch realistische Forschungsziele für eine politikberatende Biodiversitätswissenschaft sein könnten.