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Der Halbleiter beta-Galliumoxid (β–Ga2O3) vereint eine 4.6–4.9 eV breite Bandlücke mit der Verfügbarkeit schmelzgewachsener Wafer und könnte dazu beitragen, den steigenden Bedarf an hocheffizienter und kostengünstiger Leistungselektronik zu decken. Jedoch konzentriert sich die Forschung derzeit noch hauptsächlich auf die grundlegenden Strukturen der Bauelemente. Außerdem weckt die geringe thermische Leitfähigkeit von Ga2O3 Bedenken hinsichtlich möglicher Probleme bei der Wärmeabfuhr. Ziel dieser Arbeit ist, einen Übergang von der bisherigen Forschung auf Bauelementestruktur-Ebene hin zur Anwendung in der Leistungselektronik zu schaffen, indem elektrische und thermische Eigenschaften neuartiger β–Ga2O3 Dioden aus einer geplanten Fertigungslinie experimentell und simulativ untersucht werden. Bei mehreren β–Ga2O3 Dioden ist eine Änderung des Leitmechanismus zu beobachten, die zu einer anfänglichen Abnahme und dann zu einem Anstieg der Leitungsverluste mit steigender Temperatur führt. Dies scheint jedoch auf die Herstellung der Chips zurückzuführen zu sein und nicht direkt auf die intrinsischen Eigenschaften von β–Ga2O3. Trotz einer starken Variation der Materialeigenschaften zwischen Dioden desselben Typs wird ein geringerer Anstieg des differentiellen Durchlasswiderstands mit steigender Temperatur im Vergleich zu Siliziumkarbid (SiC) Dioden beobachtet, und Messungen der temperaturabhängigen Idealitätsfaktoren und Schottky-Barrierenhöhen weisen auf stabile Sperrschicht- bzw. Grenzflächeneigenschaften hin. Die Entwärmung von Ga2O3 Dioden kann durch Abdünnen der derzeit 600 μm dicken Standardbauteile auf Dicken von 200 μm signifikant verbessert werden. Im Gegensatz zu SiC erweist sich jedoch die sperrschichtseitige Kühlung trotz der kleineren Kühlfläche als wesentlich effektiver bei der Senkung der Bauteiltemperatur, wenn die gesamte Anodenfläche mit Lot- bzw. Sinterpaste bedeckt ist. In Verbindung mit den potenziell geringen Leitungsverlusten scheint es realistisch, dass künftige Ga2O3 Dioden bei gleichem Durchlassstrom ähnliche Sperrschichttemperaturen erreichen wie moderne kommerzielle SiC Dioden. Selbst 600 μm dicke Dioden werden erfolgreich in einem 400 V Abwärtswandler eingesetzt, der bei Schaltfrequenzen von bis zu 350 kHz betrieben wird. Es werden maximale Anstiegsgeschwindigkeiten der Spannung von über 100 V/ns erreicht, aber im Dauerbetrieb weisen die Ga2O3 Dioden einen höheren Temperaturanstieg auf als die SiC Vergleichsbauteile. Dennoch können mit den Ga2O3 Freilaufdioden trotz des aktuell höheren Durchlasswiderstandes aufgrund der fehlenden Rekombinationsverluste die Effizienzen mit einer modernen Silizium-Diode ähnlicher Größe übertroffen werden.
ISBN: 978-3-948749-49-1
DOI: https://doi.org/10.24352/UB.OVGU-2024-087